15. KW APRIL


GLEICHZEITIGKEIT

Wir können gleichzeitig glücklich und unglücklich sein: Meistens ist es einfach so. Und wir dürfen uns beides erlauben, Mitten in der Trauer erleben wir: Es gibt Grund zum Freuen. Wir lachen sogar. Dann ist es fast so, als dürften wir das nicht. Als würde von uns erwartet, dass wir unglücklich sind. Als wüssten unsere Umgebung und die Gesellschaft, was wir fühlen sollen. Und umgekehrt, mitten im Glück erleben wir: Wir leben in Frieden und Freiheit. Sind satt. Und trotzdem manchmal tief traurig.

Nicht nur zornig über die weltweite Ungerechtigkeit. Die Hilflosigkeit der Institutionen. Sondern einfach unglücklich. Melancholisch, schwermütig, verzweifelt. Wir leiden nicht, aber wir sind diese Welt so leid. Auch dann ist es fast so, als dürften wir das nicht. Als müssten wir fröhlicher sein. Gleichzeitig glücklich und unglücklich. Wir dürfen uns beides erlauben. 

CHRISTINA BRUDERECK