24. KW JUNI

Das Entscheidende: ein Herz haben!

In diesen Tagen feiern wir das Herz-Jesu-Fest. Für viele ist das ein fremdes Fest. Doch das Fest verweist uns nicht nur auf das Herz Gottes, sondern auch auf unser eigenes Herz. Gott hat uns in dem offenen und durchbohrten Herzen Jesu sein menschliches Herz gezeigt. Er hat sich für uns in seiner Liebe erfahrbar und spürbar werden lassen. Das Herz Jesu will uns ermutigen, unser Herz für die Menschen zu öffnen. Von Altvater Pambo, der im 4. Jahrhundert Mönch in der Wüste Ägyptens war, stammt das Wort: „Wenn du ein Herz hast, kannst du gerettet werden." 

Es kommt nicht darauf, dass wir spirituell viel leisten, dass wir viel beten oder auf vieles verzichten. Das Entscheidende ist, dass wir ein Herz haben. Das bedeutet zunächst, dass wir mit unserem eigenen Herzen in Berührung sind, dass wir auf unser Herz hören. Wenn wir bei einem Gespräch auf unser Herz hören und dem andern unser Herz zeigen, so wird ein herzliches Gespräch entstehen, das uns allen gut tut. Von manchen Menschen sagen wir: Der hat ein Herz für gescheiterte Menschen, oder ein Herz für Arme, ein Herz für Flüchtlinge, ein Herz für Kinder. Wenn wir spüren, dass ein Mensch ein Herz hat für andere und es auch zeigt, dann fühlen wir uns in seiner Nähe wohl. Das Herz-Jesu-Fest verkündet uns eine zentrale Botschaft unseres christlichen Glaubens: 

Jesus hat sein Herz für uns geöffnet, damit auch wir das Herz für ihn öffnen. Dann kann Jesus selbst in unserem Herzen wohnen, dann wohnt Gott in unserem Herzen. Jesus selbst verheißt uns, dass Gott bei uns und in uns wohnen möchte. Wenn wir manchmal an unserem erkalteten Herzen oder an unserem erstorbenen Herzen leiden, dann können wir uns vorstellen: In meinem Herzen wohnt Gott mit seiner unendlichen Liebe. Diese Liebe Gottes ist fähig, mein kaltes Herz zu erwärmen, mein verschlossenes Herz zu öffnen und mein entleertes Herz mit seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit zu erfüllen. Wir haben im Deutschen ja das schöne Wort „Barmherzigkeit".

Es bedeutet: ein Herz zu haben für das Arme, für das Arme in mir, aber auch für die Armen in meiner Umgebung. Wenn wir barmherzig werden mit uns selbst und mit den Menschen, dann haben wir die Botschaft Jesu und die Botschaft dieses Festes verstanden. Jesus mahnt uns im Lukasevangelium: „Werdet barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist." (Lk 6,36) Barmherzig mit mir selbst umgehen, das bedeutet, mich selbst nicht so streng zu beurteilen, sondern herzlich und freundlich umgehen mit meinen Schwächen. Anstatt mich zu verurteilen, soll ich mit mir und meiner Begrenztheit fühlen, mich in meine verwundete Seele hineinspüren. 

Mit andern bin ich barmherzig, wenn ich sie nicht bewerte, sondern sie zu verstehen suche. Wenn sie schwierig sind, hat das immer einen Grund. Und ich versuche mit ihnen und ihrem Leiden an sich selbst mitzufühlen. So wünsche ich Ihnen in der kommenden Woche den Engel der Barmherzigkeit als guten Begleiter, der Sie immer tiefer hineinführt in den barmherzigen Umgang mit sich selbst und mit Ihren Mitmenschen. 

P. Anselm Grün