22. KW MAI

"Erzähl mir von Gott"

„Das eine ist mir so klar und spürbar wie selten: Die Welt ist Gottes so voll. Aus allen Poren der Dinge quillt uns dies gleichsam entgegen." Dies schrieb Alfred Delp 1944 aus dem Gefängnis.

Gott ist da. Wir müssen ihn nicht erst herbeibeten oder auf die Straßen bringen. Doch genau das tun wir an Fronleichnam, dem Fest, das wir diese Woche feiern. Die Gemeinden ziehen in großen Prozessionen durch die Straßen der Stadt, der Gemeinden und vielleicht gibt es auch in der ein oder anderen Einrichtung, einen Gottesdienst im Freien, oder eine kleine Prozession.

Fronleichnam: „Fron“ bedeutet „Herr“ und „lichnam“ steht für „Leib“. Wir feiern also das Fest des Leibes des Herrn. Beim letzten Abendmahl hat Jesus vor seinem Tod, seinen Freunden dieses Brotbrechen als Zeichen seiner großen Liebe für sie und alle Menschen hinterlassen. Seine Liebe ist im Zeichen des Brotes, im Leib des Herrn, im Leib Christi, gegenwärtig, jedes Mal, wenn wir Eucharistie feiern. 

Und so ist Fronleichnam vielleicht gar nicht so sehr das Fest, an dem WIR, Gottes Liebe, Gott irgendwo hintragen. Sondern wir könnten es auch einmal andersherum sehen: als Einladung, die Augen einmal aufzumachen und im Alltag Gott aufzuspüren, denn ER ist schon da!

Der Hl. Franz von Assisi hat dies so gelebt und diese Geschichte zeigt etwas von dieser Haltung:

Franziskus hatte angefangen, in allen Dingen Gott zu lieben. Eines Tages kam er zur Quelle und sprach: „Schwester Quelle, erzähle mir von Gott!“ Die Quelle sprudelte auf, als ob sie reden wolle. Dann wurde sie ruhig, und auf dem Grunde des Wassers sah Franziskus das Bild der Klara – der Frau, der er liebte.

Franz ging weiter und kam zu einem Mandelbaum. „Bruder Mandelbaum, erzähle mir von Gott!“, bat er ihn. Er hörte ein Rauschen in den Zweigen des Mandelbaums, und der Baum stand plötzlich in Blüten, obwohl es nicht seine Zeit war.

Franziskus traf endlich auf einen alten Mann, und auch ihn bat er: „Erzähle mir von Gott!“ Der alte Mann nahm ihn mit durch eine Stadt zum Quartier der Armen, wo die Frauen die Wäsche wuschen, wo ihre Kinder spielten und wo die Ärmsten um Brot bettelten. Der alte Mann öffnete seinen Sack und verteilte Brot an die Armen, und die Armen verteilten es untereinander. Und je mehr sie untereinander teilten, desto reichhaltiger wurde das Brot. Da sprach der Alte: „Unser Vater!“ Und nach einer Weile wiederum: „Unser Brot!“

Sr. Katharina Cleff